Der Name Weißenburg im europäischen Vergleich - kleinere Orte (Auswahl)

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(Teil 3 der Untersuchung von Ulf Beier, Weißenburg, in den Weißenbuger Blättern, villa nostra 3/2013)

Neben Weißenburg in Bayern und den im 2. Teil behandelten Städten gibt es noch eine Reihe kleinerer Siedlungen namens Weißenburg, die der Vollständigkeit halber genannt werden sollen. Weil es sich aber hier nur um Burgen oder Dörfer handelt, gelten die Ausführungen zum Begriff BURG nicht oder nur sehr eingeschränkt. Das Bestimmungswort wird überall auf die Farbe WEISS zurückgeführt, soweit es sich nicht um eine Namensübertragung handelt wie im Falle von Weißenburg in Ostpreußen.

Weißenburg in Niederösterreich

Kupferstich von Georg Matthäus Vischer, 1672

Weißenburg ist ein Ortsteil der etwa 2.100 Einwohner zählenden Marktgemeinde Frankenfels im Bezirk Sankt Pölten-Land in Niederösterreich. In etwa 2 km Entfernung liegt die mittelalterliche Burg Weißenburg in der Ortschaft Weißenburggegend als Burganlage im oberen Pielachtal auf einem schiffförmigen, hellen Kalkfelsen. Sie ist auf zwei Seiten von den Gewässern Pielach und Weißenbach umflossen. Am östlichen Fuß des Burgberges mündet der Weißenbach in die Pielach. Die Burganlage ist über einen Halsgraben von nördlicher Seite erreichbar.

Auf Grund der strategisch günstigen Lage dürfte der Burgfelsen bereits im frühen Mittelalter befestigt gewesen sein, da man vom Weißenberg die Kontrolle über das Pielachtal und Nattertal Richtung Frankenfels hatte. Erstbeleg: 1189 Wizenberc[1], die Gründung dürfte aber einige Jahrhunderte früher gewesen sein. Wichard I. von Rabenstein besaß schon vor 1230 landesfürstliche Lehen in Frankenfels, und 1267 nannte sich ein Zweig der Rabensteiner bereits nach Weizzenberg.[2] Um 1250 errichteten die Söhne des Heinrich von Rabenstein, auf einem „Weißen Felsen“ die Burganlage. Nach 1790 verfiel die Burg und war bis ins 20. Jh. eine Ruine. Seit 1975 ist sie in Besitz von zwei Familien und wird schrittweise wieder aufgebaut.

Der Name der Burg erklärt sich aufgrund des hellen Kalksteinfelsens, auf dem sie errichtet ist und mit dessen Steinen sie gebaut wurde. Der Burgenname übertrug sich auf die dörfliche Gemeinde Weißenburg. Auch der Name Weißenbach ist als heller, klarer Bach zu deuten.

Weißenburg in Ostpreußen

Das Dorf Weißenburg liegt in der Kartenmitte

polnisch Wyszembork [viʃɛmbork], Straßendorf in der Stadtgemeinde Sensburg (Gmina Mrągowo) etwa 9 km nordöstlich der Stadtmitte, heute Woiwodschaft Ermland-Masuren[3], 1939 lebten dort 645 deutsche Einwohner.[4] Der Ort wurde 1376 durch den Hochmeister des Deutschen Ordens Winrich von Kniprode gegründet, zunächst mit vier Höfen zu je 10 Hufen (1 Hufe = 16,8 ha) auf dem sandigen Boden Masurens, der erst urbar gemacht werden musste. Bis 1600 kamen weitere 65 Hufen dazu, sodass das Dorf mit 105 Hufen als größtes Freidorf im Amt Seehesten stand. Die Gründung erhielt den Namen nach einem der ersten vier Siedler Lorenz Weißenburg, der aus dem fränkischen Weißenburg kam.[5] Der Ortsname hat also keinen direkten Bezug zu örtlichen Gegebenheiten, sonst hieße auch das Bestimmungswort nicht weiß, sondern niederdeutsch witt (s. Wittenberg im Teil 2). Er ist vielmehr eine Namensübertragung von unserem Weißenburg, wie dies von zahlreichen anderen Ortsnamen bekannt ist.[6]

Weißenburg, Stadt Sömmerda in Thüringen

Der Weiler Weißenburg liegt in der Gemarkung Tunzenhausen und gehört somit zu Sömmerda in Thüringen. Die ehemalige Burg Weißenburg lag auf einer Erhöhung im fruchtbaren Thüringer Becken nordöstlich vor Sömmerda.

Die Weißenburg stammt vermutlich aus frühgeschichtlicher Zeit und wurde 1211 mit der Belagerung der naheliegenden Runneburg erstmals genannt. Sie wurde zerstört und 1248 wieder aufgebaut. Drei der den Hauptwällen vorgelagerten Gräben sind auf einem Luftbild noch erkennbar. Bogenförmige Wälle sicherten das Burggelände gen Norden zur höher gelegenen Ebene ab. Ansonsten ist die geschichtliche Entwicklung im Wesentlichen von der Entwicklung der Stadt Sömmerda beeinflusst. Heute besteht die Siedlung aus einem Tierheim mit Reithof und einigen Häusern. Das Bestimmungswort Weiß der Burg soll sich auf die ehemaligen Bausteine der Burg beziehen.[7]

Burg Weißenburg (Thüringen)

Südostseite der Weißenburg

Burg auf einer dicht an der Saale aufragenden Felswand in Weißen, einem Ortsteil von Uhlstädt-Kirchhasel, Landkreis Saalfeld-Rudolstadt an der Mündung des Weißbachs in die Saale. Das rechts der Saale gelegene Dorf Weißen wird 1083 als Wizne erstmals urkundlich erwähnt.

Die Burg dürfte um 1248 entstanden sein im Zusammenhang mit einer Teilung des Grafenhauses Weimar-Orlamünde und kam 1344 in den Besitz des Markgrafen Friedrich II. von Meißen. Die Wizzenburgk war ein kastellartiger Bau mit fünf Türmen, die durch Wall, Graben und Mauer zur östlichen Landseite gesichert war. Später kam die Familie von Lengefeld in den Besitz der Weißenburg.[8] 1792 wurde die Burg nach einem verheerenden Brand neu errichtet und später mehrmals umgebaut. Neben der Weißenburg entstand 1995/96 ein moderner Klinikneubau.

Das kleine Straßendorf Weißbach in unmittelbarer Nähe hat seinen Namen – wie die Weißenburg und der Ort Weißen – vom gleichnamigen Bach, der bei Weißen von rechts in die Saale mündet. Dabei ist weiß im Sinne von hell, klar zu verstehen im Vergleich zur Saale.[9]

Weißenburg in Brandenburg

Gemeindeteil der Stadt Schlieben im südlichen Brandenburg. Es liegt etwa 2 km nordwestlich vom Stadtzentrum der Stadt Schlieben und wurde 1586 und 1675 als Vorwerk Schlieben nebst Schäferei (Kammergut) erwähnt. Der Name Weißenburg taucht 1823 und 1833 auf und wurde als Gegensatz zum nordöstlich von Schlieben liegenden Schwarzenburg gebildet.[10] Der Name weiß bezieht sich dabei auf den hellen Sand der märkischen Heide, der aus saaleeiszeitlichen Ablagerungen stammt und als Bleicherde (Podsolboden) bezeichnet wird. Bis Mitte des 17. Jahrhunderts organisierte sich das zum Besitz des Amtes Schlieben gehörende Gut über Frondienste. Südlich von Weißenburg befindet sich ein kleiner Hügel, der als Richtstätte und Galgenberg genutzt wurde.

Weissenburg im Simmental / Schweiz

kleine Ortschaft (220 Einwohner) in der Gemeinde Därstetten, Bezirk Niedersimmental im Berner Oberland.

Über dem Dorf Weissenburg ragen Mauerreste der Burg hervor. Erstnennung um 1270 Wisinburc, 1278 Album-castrum. Die Burg war Sitz der gleichnamigen, ab 1175 bezeugten Freiherren und deren Zentrum der Grund- und Gerichtsherrschaft im Niedersimmental. Die Burg verfiel im Laufe der Zeit. Im 18. Jahrhundert wurden ihre Steine zum Häuserbau im Dorf verwendet. Das Bad mit der Heilquelle ging 1939 ein. Auch das bis in die 1980er Jahre vertriebene bekannte Weissenburger Citro wird nicht mehr hergestellt. Das Bestimmungswort Weiß im Ortsnamen bezieht sich auf die Farbe des Mauerwerks der Burg, deren Name das Grundwort bildet.[11]

Burg Weißenburg (Klettgau)

Ruine einer hochmittelalterlichen Höhenburg bei Klettgau-Weisweil im Landkreis Waldshut, Südbaden. Auf einem kleinen Hügel in einem Tal gelegen, wird die Burg erstmals als Wizzinburc predium… situm in pago Chlegeuwe 1023 genannt, 1241 Wizinburch. 1288 belagerte ein Heer Rudolfs von Habsburg sechs Wochen lang die Burg und bezwang sie schließlich durch Untergraben der Mauern. 1315 als Wißenburg bezeichnet. Heute sind nur ganz wenige Mauerreste vorhanden, die den Rückschluss zulassen, die Burg hätte ihren Namen von den Weißjurasteinen erhalten, mit denen sie errichtet war.[12]

Schließlich sei der Burgstall Weißenburg erwähnt, die Stelle einer abgegangenen Höhenburg (erbaut vermutlich um 1250) auf einem Bergvorsprung über der Neuen Weinsteige im Garten hinter der 1964 abgebrochenen Villa Weißenburg im Weißenburgpark etwa 1400 m südlich der Stadtmitte von Stuttgart. Es sind keine sichtbaren Mauerreste erhalten.

Wie im zweiten Teil erwähnt, ist aber auch zu bedenken, dass im Niederdeutschen (im Norddeutschen) das Wort Weiß die zweite Lautverschiebung nicht mitgemacht hat, in der aus langem î ein ei wurde und aus t ein s, sodass wir noch die mittelalterliche Form witt vorfinden. Demnach sind auch die Ortsnamen Wittenburg zu betrachten. So heißen ein Stadtteil von Elze (nördlich von Hannover in Niedersachsen) und ein Hof in der Gemeinde Lilienthal bei Bremen. Darüber hinaus:

Wittenburg / Mecklenburg

Wittenburg, Amtsbergturm

Kleinstadt im Landkreis Ludwigslust-Parchim (etwa 30 km südwestlich von Schwerin) mit mittelständischen Betrieben der Nahrungsmittel- und Elektroindustrie und einer ganzjährig betriebenen riesigen Wintersporthalle. 1154 wird Wittenburg als Landschaftsname erstmals genannt und 1194 Wittenburgh als Siedlung erwähnt. Der Ortsname ist ein typischer Wunschname aus der Zeit der Besiedlung des Landes östlich der Elbe durch deutsche Kolonisten. Das Bestimmungswort geht auf mittelniederdeutsch wit im Sinne von „weiß, glänzend, leuchtend“ zurück. Burg ist als „befestigte Siedlung“ zu verstehen.[13] Nach anderer Deutung entstammten die ersten Namensträger einer Linie des altsächsischen edelfreien Geschlechts der Witten („die Weißen“), die bei der Landnahme in den wendischen Gebieten um Ratzeburg unter den Herzögen Albrecht dem Bären und Heinrich dem Löwen mitwirkten und hier eine Burg errichteten.[14]

Der Name Lutherstadt Wittenberg wurde bereits im zweiten Teil besprochen.

Schlussbetrachtung

Auf der Erde gibt es etwa 40 Orte, die Weißenburg in den verschiedensten Sprachen heißen. Hier sind die wichtigsten, die heute noch so (bzw. in der niederdeutschen Form Wittenburg/-berg) heißen oder die zumindest zeitweise den deutschen Namen Weißenburg trugen, zur Sprache gebracht worden. Zu erwähnen wären noch: Weißenburg war der deutsche Name von 1904 bis 1918 für das Dorf Biedrusko in der Gemeinde Suchy Las und für das Dorf Fałkowo in der Gemeinde Łubowo, westlich von Gnesen, damals beide Dörfer in der Provinz Posen des Deutschen Reiches, heute in der Woiwodschaft Großpolen.

Außerdem begegnet uns der Name Weißenburg im landessprachigen Gewand noch in folgenden europäischen Ländern:

  • in Italien: Castelbianco in Ligurien;
  • in Kroatien: Biograd na Moru in Norddalmatien (deutsch: Weißenburg, ital. Zaravecchia, ung. Tengerfehérvár);
  • in Portugal: Castelo Branco, Distriktshauptstadt in der Region Região Centro (in der Karmeliterkirche hängt ein wunderschöner Wandteppich als Geschenk dieser Stadt an unser Weißenburg) und Castelo Branco auf den Azoren;
  • in Spanien: Castillo Blanco;
  • in Frankreich: Bourg Blanc bei Finistère in der Bretagne;
  • in der Tschechischen Republik: Lázně Bělohrad im nördlichen Böhmen, was so viel wie Bad Weißenburg heißt.

Zahlreiche weitere Orte in Russland, der Ukraine, in Australien, in Nord-, Mittel- und Südamerika wären zu nennen, was aber den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde.

Trotzdem soll zum Abschluss noch Wien zur Sprache kommen! Tatsächlich wird der lateinische Name Vindobona, der Stadt an der Donau, auf ein keltisches Lehnwort bona aus einer indogermanischen Sprache mit der Bedeutung „Ort, Wohnung“ zurückgeführt. Der erste Teil des Ortsnamens enthält den keltischen Personennamen Vindos, was soviel wie „licht, hell, weiß; froh, glücklich“ bedeutet. Somit kann Vindobona entweder als „Ort des Vindos“ oder als „sichtbarer, weißer Ort – Weißenburg“ verstanden werden, womit die Siedlung auf dem Leopoldsberg gemeint sein könnte.[15]

hierzu siehe auch

Fußnoten

  1. SCHUSTER, Elisabeth: Niederösterreich 3 (Band N-Z) des Historischen Ortsnamenbuches von Niederösterreich, Wien 1994, S. 412
  2. Man beachte die frühe Diphthongierung von langem i zu ei und den synonymen Gebrauch von „-burg“ und „-berg“.
  3. Ausführliche Hinweise finden sich in BREDENBERG, Fritz (Hrsg.): Der Kreis Sensburg, erschienen in der Reihe: Ostdeutsche Beiträge aus dem Göttinger Arbeitskreis, Band XV, Würzburg 1960
  4. Die deutsche Bevölkerung musste 1945 vor der sowjetischen Armee fliehen oder wurde danach durch polnisches Militär vertrieben. Genaue Angaben über die heutige Einwohnerzahl der polnischen Bewohner waren nicht zu ermitteln, da der Ort nach Sensburg eingemeindet wurde. Es sollen deutlich weniger sein.
  5. KRUSKA, Ewald, in: Sensburger Heimatbrief 1976, S. 18. Dort findet sich auch der Hinweis, dass „Weißenburg südlich von Nürnberg“ gemeint ist. Auch die Namen der anderen drei Hofbesitzer sind bekannt. (einzusehen in der Bibliothek des Kulturzentrums Ostpreußen in Ellingen)
  6. z. B. Reichenbach i. Vogtld. – R. in Schlesien; Frankfurt a. M. – F. a. d. Oder; Landsberg b. Halle/S. – L. an der Warthe (ehem. Brdbg.) oder die vielen Namensübertragungen für Siedlungen in Nord- und Südamerika.
  7. Quellen: 1. KÖHLER, Michael: Thüringer Burgen und befestigte vor- und frühgeschichtliche Wohnplätze, Jena 2001, ISBN 3-910141-43-9, S. 270/271; 2. Wikipedia: Weißenburg (Sömmerda), (zuletzt aufgerufen am 22.02.2013)
  8. Die Frau von Friedrich Schiller ist Charlotte von Lengefeld, die aus diesem Adelsgeschlecht stammt.
  9. Quellen: 1. Wikipedia: Burg Weißenburg (Thüringen), zuletzt aufgerufen am 24.02.2013; 2. Informationstafel im Gebäude; 3. DEUBLER, Heinz, in: Burgen und Schlösser bei Rudolstadt, Rudolstädter Heimathefte 1972; 4. Offizielle Internetseite der Gemeinde Uhlstädt-Kirchhasel
  10. WENZEL, Walter: Die Ortsnamen des Schweinitzer Landes, Berlin 1964 (als Dissertation, Leipzig 1960)
  11. [10] DUBLER, Anne-Marie in: Historisches Lexikon der Schweiz 2012, Internetversion (zuletzt aufgerufen am 20.03.2013), dort weitere Literaturhinweise
  12. Quellen: VOELLNER, Heinz: Die Burgen und Schlösser zwischen Wutachschlucht und Rhein, 1975, S. 52 ff Wikipedia: Burg Weißenburg (Klettgau), (zuletzt aufgerufen am 21.03.2013)
  13. NIEMEYER, Manfred, s. o., S. 699
  14. Wikipedia: Wittenburg (zuletzt aufgerufen am 13.03.2013
  15. WIESINGER, Peter in NIEMEYER, s. o., S. 690 (Dr. Wiesinger ist em. Universitätsprofessor in Wien)