Wülzburg - Gedenkstätten

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Gedenkstätte an das "Flüchtlingslager Wülzburg" und Mahnmal an die Vertreibung

Mahnmal an die Vertreibung nach dem 2. Weltkrieg

Gleich hinter dem mächtigen Eingangstor zur Festung Wülzburg findet man das am 15. Februar 1997 eingeweihte Mahnmal an die Vertreibung als zentrale Gedenkstätte im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen, dessen Schlusssteine folgenden Text tragen:

HIER FANDEN AB FEBRUAR 1946 MEHR ALS 10.000 KINDER, FRAUEN, MÄNNER ALS HEIMATVERTRIEBENE ERSTE ZUFLUCHT - FLÜCHTLINGSLAGER WÜLZBURG

Starke Eisenplatten – als Sinnbild roher Gewalt – verdrängen die angestammte Bevölkerung aus ihrer Heimat, dargestellt durch Jurasteinplatten mit den Namen der betroffenen Gebiete:

BANAT, SIEBENBÜRGEN, POMMERN, OSTPREUSSEN, WESTPREUSSEN, SCHLESIEN, SUDETENLAND

Die Platten symbolisieren die Menschen dieser Räume. Sie lehnen sich zuerst noch auf, doch dann müssen sie nachgeben und machen sich auf einen langen, steinigen Weg in ein neues Leben. Im Vordergrund bauen sie wieder auf, und die neuen Mauern fügen sich in schon vorhandene ein.

Der Eichstätter Bildhauer Günter Lang hat sich bei dem Querbalken am oberen Ende des Denkmals gedacht: Die Eisenplatten werden von einem Baustein durchstoßen, der stärker ist als diese. Er trägt die Inschrift:

SPRENGSTOFF SOLLTEN SIE SEIN - ZU BAUSTEINEN SIND SIE GEWORDEN

Sie beweist, dass die Idee Stalins nicht aufgegangen ist, die 14 Millionen Heimatvertriebenen zu benutzen, ganz Deutschland in die Hände der kommunistischen Sowjetunion zu spielen. Nicht zufällig entsteht so ein Kreuz über den geschundenen Menschen.

Städtenamen auf den unteren Platten weisen auf historische Beziehungen zwischen der Wülzburg, der Stadt Weißenburg und der Heimat der Vertriebenen hin.

Der Name KÖNIGSBERG erinnert daran, dass der Erbauer der Festung Wülzburg seit 1577 auch als Administrator des Herzogtums Preußen im Königsberger Schloss regierte.

Die schlesische Hauptstadt BRESLAU steht für die schlesischen Herrschaften Beuthen, Tarnowitz und Oderberg. Darüber hinaus waren zeitweilig auch die Fürstentümer Oppeln und Ratibor im Besitz der Ansbacher Markgrafen.

An RATIBOR erinnert eine Erztafel am Jagdschloss der Markgrafen in unserer Nachbarstadt Roth, nach deren Inschrift „Herr Georg, Markgraf zu Brandenburg, zu Stettin, Pommern, der Kassuben und Wenden, auch in Schlesien zu Jägerndorf Herzog etc., Herr der Fürstentümer Oppeln und Ratibor ... hat 1535 dies Schloss von Grund auf von dem Einkommen der schlesischen Fürstentümer bauen lassen und den Namen Ratibor an der Rezet geben lassen."

Der Name JÄGERNDORF weist auf die enge Verbindung mit dem Herzogtum Jägerndorf in Sudetenschlesien hin, das Markgraf Georg von Brandenburg-Ansbach 1523 käuflich erworben hatte (es gehörte bis 1603 dem Hause) und der dort, wie sein Sohn Georg Friedrich, der Erbauer der Wülzburg, sehr geschätzt wurde (siehe unten).

EGER steht für jahrhundertealte Beziehungen zu Weißenburg und das gemeinsame Schicksal als Reichsstadt.

Die folgenden Namen weisen auf Heimatorte hin, aus denen größere Vertriebenengruppen durch das Flüchtlingslager Wülzburg gingen und dann neue Verbindungen entwickeln konnten.

Über WEIPERT im Erzgebirge übernahm die Stadt Gunzenhausen und über BUCHAU die Stadt Pappenheim die Patenschaft.

Die Patenschaft über KAADEN übernahm die Stadt Weißenburg.

Eine Stele mit drei Tafeln gibt nähere Auskunft zum Denkmal und Informationen zum damaligen Lager.

Dieses Denkmal fügt sich gut in das Gesamtbild der Renaissancefestung ein, die selbst als „national bedeutendes Baudenkmal" eingestuft ist. Am Tor ist noch das renovierte Originalschild FLÜCHTLINGSLAGER WÜLZBURG zu sehen. Daran erinnern auch die zwei mährischen Ebereschen vor der Ludwigszisterne, die von der Sudetendeutschen Landsmannschaft gepflanzt worden sind.

2008 wurde die Bautafel von 1590 im Sockelbereich der Bastion Jungfrau freigelegt, auf der in Abkürzungen zu lesen ist: Von Gottes Gnaden Georg Friedrich, Markgraf zu Brandenburg, Herzog in Preußen, Schlesien, Jegerndorf etc., und das Wappen des Markgrafen über dem Portal der Wülzburg enthält die Wappen des Kurfürstentums Brandenburg und der Herzogtümer Preußen, Jägerndorf, Schlesien, Pommern und Stettin.

Literatur

  • KÖNIG, Walter: Flüchtlingslager Wülzburg, Ankunft und Integration der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge in Weißenburg; Weißenburg 1990
  • FRANK, Rainer: Die Heimatvertriebenen im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen. Ihre Aufnahme und Eingliederung und ihre Aufbauleistungen. Eine Dokumentation; Weißenburg 1991
  • Sudetendeutsche Landsmannschaft, Kreisgruppe Weißenburg: DENK MAL, Gedenkstätten und Gebäude im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen mit Bezug zur Heimat der Deutschen im Osten und deren Vertreibung 1945/46; Weißenburg 2009

Querverweise

Gedenktafel an Charles de Gaulle

Gedenktafel an Charles de Gaulle in der Eingangstorhalle

Charles de Gaulle, geboren am 22. November 1890 in Lille, gestorben am 9. November 1970 in Colombey-les-deux-Eglises, war von 1958 bis 1969 französischer Staatspräsident. Der auch körperlich große Mann war nach seiner Gefangennahme als Hauptmann im 1. Weltkrieg Anfang März 1916 bei Douaumont in deutschen Gefangenenlagern interniert. Spätestens vom 19. Mai 1918 bis Ende November 1918 war de Gaulle auf der Festung Wülzburg als Kriegsgefangener. Berühmt wurden seine ständigen Fluchtversuche, von denen er nachweislich zwei während seiner Wülzburger Zeit unternommen hat. Besonders bekannt ist die sog. "Wäschekorbflucht" vom 7. Juli 1918. Damals ließ er sich in einem Korb mit schmutziger Wäsche aus der Festung schmuggeln. Im Flur einer Weißenburger Wäscherei konnte er entkommen und floh mit der Eisenbahn. Nach wenigen Tagen wurde er jedoch bei einer Zugkontrolle entdeckt und zurückgebracht. Am 1. Dezember 1918 kehrte de Gaulle nach Frankreich zurück. Zu Beginn des 2. Weltkrieges zeichnete er sich als Kommandeur einer Panzerdivision aus und wurde anschließend zum Brigadegeneral ernannt. Später war er führend in der französischen Widerstandsbewegung gegen die deutsche Besatzung. 1963 legte er zusammen mit dem deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer im Deutsch-Französischen Vertrag die Grundlage für die deutsch-französische Aussöhnung. Ihm zu Ehren wurde auf Vorschlag des damaligen Weißenburger Oberbürgermeisters Reinhard Schwirzer 1995 die erste linke Querstraße des Wülzburger Weges benannt.

Quellen

  • KAMMERL, Reiner in: villa nostra - Weißenburger Blätter 3/1990, S. 5; DER BROCKHAUS in 15 Bänden, Leipzig/Mannheim 1999, Band 5, S. 127;
  • BEIER, Ulf: Von der Höll- zur Paradeisgasse, Straßen- und Wohnstättennamen in Weißenburg, Weißenburg 20002, S. 47

Gedächtnisstätte an die Kriegsgefangenen des 1. Weltkriegs

Gedenkstätte an die Kriegsgefangenen des 1. Weltkrieges

Im östlichen Burghof, nahe der Bastion Krebs, erinnert ein Denkmal an die Zeit, als die Wülzburg während des 1. Weltkrieges als Kriegsgefangenenlager diente. Ein obeliskartiger Gedenkstein wurde vermutlich von französischen Kriegsgefangenen 1915 aus Bauteilen, die von anderen Bauten stammten (= Spolien), errichtet. Die meisten datierten stammen von Reparaturarbeiten des frühen 19. Jahrhunderts, nämlich auf der linken Seite 1821, auf der rechten 1822 und auf der Rückseite 1819. Sie beweisen, dass damals die Wülzburg schon sanierungsbedürftig war. Besonders auffällig ist aber der Stein auf dem Sockel der Vorderseite mit dem kleinen Staatswappen, dem Branden-burgischen Adler mit dem Brustschild der Hohenzollern und der Jahreszahl 1697. Die Initialen GFMZB stehen für Georg Friedrich (d. J.), Markgraf zu Brandenburg. Der Text auf dem Denkmal lautet:

Es wächst der Sieg durch Not und Krieg.

Es muß aus dem Alten sich Neues gestalten.

Seitliche Inschriften erinnern an französische Kriegsgefangene und deutsche Wachsoldaten. Das Denkmal wird durch zwei Begrenzungspfosten und Steinbänke ergänzt.

Literatur

  • BURGER, Daniel: Weißenburg in Bayern - Festung Wülzburg, Hsg. Wartburg-Gesellschaft; Regensburg 2002, S. 42
  • KIEßLING, Gotthard: Denkmäler in Bayern. Band V.70/2 Stadt Weißenburg i. Bay.; hsg. Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege; München 2001, S. 281
  • BILLER, Thomas: Die Wülzburg. Architektur einer Renaissancefestung; München, Berlin 1996, S. 251

Büste von Erwin Schulhoff

Büste von Erwin Schulhoff am Eingang zum Haupttrakt

Neben dem Eingang zum Hauptgebäude und damit zum Kanonensaal steht auf einem Sockel eine steinerne Büste von Erwin Schulhoff. Sie wurde von Reinhart Fuchs aus Untersteinbach gestaltet, vom Rotary Club Weißenburg finanziert und am 2. Oktober 2004 eingeweiht.

Erwin Schulhoff (geboren am 8. Juni 1894 in Prag, gestorben am 18. August 1942 auf der Wülzburg) war der Sohn des deutsch-jüdischen Prager Großhändlers Gustav Schulhoff und der Louise, geb. Wolff aus Frankfurt/Main. Als Zehnjähriger begann er mit dem Studium der Musik am Prager Konservatorium und wechselte nach Wien, Leipzig und Köln, wo er 1914 seine Studien mit Erfolg abschloss.

Schulhoff war ein berühmter Pianist und begann früh mit Eigenkompositionen, mit denen er bald zur Avantgarde gehörte, weil er auch Jazz, Dadaismus und Expressionismus in seine Musik mit aufnahm. Später erweiterte er sie auch durch folkloristische slawische Elemente.

Schulhoff tendierte seit dem 1. Weltkrieg zunehmend zum Kommunismus und versuchte, sich in die Sowjetunion abzusetzen, was ihm jedoch nicht mehr gelang. Wegen seines kämpferischen Sozialismus wurde er 1941 in Prag verhaftet und Ende des Jahres als "sowjetischer Gefangener" ins Internierungslager Wülzburg verbracht. Wegen seiner schlechten Gesundheit brauchte er jedoch nicht zu arbeiten. So konnte er weiter komponieren und es entstand seine 8. Sinfonie, die aller- dings unvollendet blieb. Schulhoff starb am 18. August 1942 im Internierungslager Wülzburg an Hals- und Lungentuberkulose. Er wurde im Fallgarten, dem heutigen Russischen Friedhof, unter der Gräberkennzeichnungsnummer 303 begraben. 1989 wurde der ehemalige Schindanger in einen kleinen Friedhof umgestaltet.

Auf Vorschlag des damaligen Oberbürgermeisters Reinhard Schwirzer wurde die zweite linke Querstraße des Wülzburger Weges 1994 Erwin-Schulhoff-Straße benannt.

Quellen

  • BEK, Josef: Erwin Schulhoff - Prager Komponist und Klaviervirtuose, in: villa nostra - Weißenburger Blätter für Geschichte, Heimatkunde und Kultur von Stadt und Weißenburger Land, Ausgabe 2/1994, S. 5ff
  • Erwin Schulhoff in der Wikipedia