Mundart im Raum Weißenburg: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 20. Juli 2012, 21:03 Uhr

Der folgende Artikel erläutert die Entwicklung der Mundart im Raum Weißenburg.

Entwicklung und Stellenwert

Mit Recht könnte man fragen, ob es noch zeitgemäß sei, über die Besonderheiten unserer Mundart nachzudenken. Unsere Gegenwart erhebt die Hochsprache zur einzigen Norm, die Massenmedien tragen konzertiert dazu bei, Zuwanderungen verwässern den althergebrachten Wortschatz, und mit der raschen Abnahme der landwirtschaftlichen Betriebe entfällt der Hauptgarant für die Pflege überlieferter sprachlicher Eigenheiten.

Desto überraschender wirken die Erfahrungen von Gottfried Mertens, Weiboldshausen, Ende des 20. Jahrhunderts beim Bestreben, in einer Momentaufnahme für den Bereich Oberhochstatt-Niederhofen-Kehl das noch vorhandene Vokabular, Sprüche, Redensarten und andere sprachliche Bestände zu erfassen und zu ordnen.[1] Auch über die genaue Aussprache eines einzelnen Lautes wurde lebhaft diskutiert, und in der Tat hängt gerade an einem solchen Detail oft die Entscheidung, aus welcher der großen Mundartgruppen ein Wort ursprünglich stammt.

Die Aussage: „Unsere Mundart ist fränkisch", trifft nämlich in dieser Bestimmtheit nicht zu. Soweit wir im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen groß wurden, befinden wir uns in einem sprachlichen Grenzgebiet, wie es deutlicher in der gesamten Bundesrepublik kaum auftritt. Auf engstem Raum strömen Elemente des Fränkischen, des Alemannischen und des Bairischen zusammen. Man spricht von einem Überlagerungsraum (Interferenzraum), aus dem sich eine fränkisch dominierte Mischung ergibt, die freilich von Ort zu Ort schon anders klingen kann. Gehen wir zunächst auf die hier feststellbaren Wurzeln der genannten Hauptmundarten ein.

Alemannische Wurzeln

In der Sprachforschung gilt für unseren Raum, dass die alemannisch-schwäbischen Bestandteile historisch gesehen die ältesten sind, wie sich das auch aus der Besiedlungsgeschichte der frühen Völkerwanderungszeit ergibt (ab dem 4. Jahrhundert nach Christus). Lobt man z. B einen Metzger: „Du hast die besten Würste", so würde das im östlichen-zentralfränkischen Raum um Nürnberg klingen: „Du host die bestn Werscht." Bei uns dagegen: „Du houscht die beschtn Wierscht". Man beachte, wie das „st" stets zu „scht" (eigentlich „schd") wird. Diese Eigenart macht uns mit den Schwaben verwandt. Gleichzeitig klingt im obigen Beispiel noch etwas Unfränkisches an: Ein reinrassiger Franke sagt für „Wurst/Würste" üblicherweise „Worst/Werst", der Schwabe jedoch „Wuerscht/ Wierscht". Kein Wunder also, wenn uns andere Franken aufgrund unserer Aussprache sofort dem südlichen Grenzbereich zuordnen können.

Nordbairische Wurzeln

Wenn auch Oberbayern nicht weit ist und ab Raitenbuch mundartlich ein deutlicher Ruck ins Bairische hinüber hörbar wird, können wir auf Anhieb keine typischen Anklänge feststellen. Zur Erläuterung: Das „Nordbairische" bedeutet grob vereinfacht so viel wie das „Oberpfälzische", und in dieser Hinsicht haben wir wider Erwarten einiges zu bieten. Es geht weniger um den Wortschatz, wie z. B. den Ausdruck „Schtraucha" für Katarrh, als vielmehr um die Selbstlaute, die uns verraten: „Spät/nähen/gefährlich.." wäre fränkisch „Schpät/nähn/gfährli...", bei uns aber hört man ,,Schbat/nahn/gfahrli...".

Die „Gemeinde/Geiß/heißen..."(fränkisch „Gmaa/Gaaß/haßn..") klingt in Oberhochstatt-Niederhofen-Kehl „Gmoa/Goaß/hoaßn..." und hinter Burgsalach „Gmoi/Goiß/hoißn...", also noch etwas oberpfälzischer! Auch Wortendungen verraten uns. Fränkisches „machn/waafm (= daherreden)/Hofm (= Topf)..." lautet hier „macha/waafa/Hoofa..."

Wenn dann noch lieber zu löiber, Brühe zu Bröih, Bube zu Bou oder lassen zu louern wird, erahnen wir, wie weit wir vom eigentlich Fränkischen entfernt sind. Wir finden ja die letztgenannten Laute in weiteren Dutzenden, ja Hunderten entsprechender Wörter: Der Satz: „Junge, wo hast du denn das Brot hingetan?" würde hier klingen: „Bou, wou houscht'n nou des Brout zoutou?"

Fränkische Wurzeln

Es ist vor allem das Vokabular, das wir weitgehend von den Franken übernommen haben. Deren Vordringen war in historischer Zeit nicht aufzuhalten. Das Gebiet um Weißenburg und nordwärts etwa entlang der Rezat bildete im Hochmittelalter eine Art Stammesgrenze: Im westlich gelegenen Sualafeldgau herrschte Fränkisches vor, im östlichen Nordgau Bairisches. Unser Gebiet entwickelte sich zu einer Kontaktzone, in der sprachliche Vermischungen nicht ausblieben und bis heute zu einem fränkisch diktierten Mundartgemenge führten.

Auch einzelne Laute verraten den Franken in uns, z. B. p/t. Ein rein fränkisches Wörterbuch käme ohne diese beiden Konsonanten aus, da sie immer „weich", also b/d gesprochen werden. Wo wir hochdeutsch in der Wortmitte oder am Wortende k/ck finden, setzt der Franke ein schlichtes „g". „Dreckig/Rock/trocknen.." klingt folglich „dreggerd, Ruug/driggna.."

Es fällt normalerweise kaum auf, dass ein hochsprachliches „g" am Wortende sehr oft zu einem „ch" wird. „Schlag/Weg/arg/steigt.." lautet absolut fränkisch „Schlooch/Weech/arch/schteichd..."

Den letzten dieser Ausdrücke vermag der Leser in dieser Schreibweise kaum wiederzuerkennen, daher wird an dieser Stelle um Verständnis dafür gebeten, dass in der später folgenden Wortsammlung versucht wird, die mundartliche Aussprache der Hochsprache anzupassen.

Andere Wurzeln

Als nach dem Dreißigjährigen Krieg (l618-1648) unsere verwüsteten, verödeten Dörfer von den Exulanten aus dem „Ländlein ob der Enns" wiederbesiedelt wurden, hätte man erwarten müssen, dass sich ein neuer Zungenschlag, neues Vokabular einnisten oder gar durchsetzen würde. Bei uns ist jedenfalls eine derartige Änderung nicht nachweisbar, und die Sprachforscher stehen vor einem Rätsel.

Dagegen haben die oft durchziehenden französischen Truppen und der modische Hang der Barockfürsten für das Französische als elegante Konversationssprache das Ihre getan, um unseren Wortschatz nicht unbeträchtlich zu erweitern. Wer sich aufs Kannabett (frz. canape) legt oder in das warme Kaffernäida (frz. cabinet) im Wohnzimmereck, bedient sich ebenso französischer Ursprungswörter, wie wenn er z. B. Scheesn, Fouderaschi, Parasol, Schandarm oder Portmanee sagt.

Einiges blieb auch aus dem Jiddischen, wenn beispielsweise „Schmu" getrieben wird oder jemand „Massl" hat.

Auch in der Gegenwart geht die Vermengung weiter. Humorvolle Geister behaupten zu Recht, es sei die Erfindung des Automobils und des Motorrades gewesen, die das frühere dörflich-enge Kommunikationssystem aufgeweicht habe. Man heiratete seither tatsächlich häufiger nach auswärts oder ,,herein", so dass z. B. in Oberhochstatt Klänge vernommen werden, die früher ausschließlich in Burgsalach, Nennslingen usw. gebräuchlich waren. Heute tut man sich schwer, sprachlich „reinrassige" Einwohner zu finden, die imstande sind, ursprüngliches und abgewandeltes Sprachgut präzise zu unterscheiden. Solange es aber noch solche Zeitgenossen gibt, sollte der heimische Sprachschatz auch auf geeigneten Tonträgern festgehalten werden.

Die mundartliche Aussprache kann sehr vielfältig sein. So wurden an Ulf Beier, Weißenburg, von seinen Realschülern (Geburtsjahrgänge 1985 bis 1992) allein für das Wort Kuchenteig folgende Formen herangetragen:

Kouchadoich (Raitenbuch, Biburg, Bergen)

Kouchadoag (Burgsalach)

Kouchadoach (Oberhochstatt)

Koungdoach (Alesheim)

Koungdoag (Haardt)

Koungdåhg (lang gesprochenes dumpfes a) (Alesheim, Gundelsheim/Altm., Stirn)

Koungdaich (Massenbach)

Auch verschiedene Aussprachen im gleichen Dorf sind möglich. So kann man gut verstehen, wenn Mundartforscher von einem „Überlagerungsraum“ (Interferenzraum) sprechen, also einer Gegend, in der sich einzelne Dialekte überschneiden, wie oben dargestellt.

Auf der Suche nach deutlichen Sprachunterschieden zwischen den Orten Oberhochstatt-Niederhofen-Kehl wird man kaum fündig, zumal sich Niederhofen und Kehl so gut wie gar nicht voneinander abheben. Eher gibt es Unterschiede zu Oberhochstatt, und selbst hier scheinen kleine Abweichungen zwischen dem oberen und dem unteren Dorf (ohne Siedlung) zu bestehen. Nach Aussage von Gewährsleuten spricht man in Niederhofen/Kehl z. B. Feddern (Feder),Bloud (Blut), Schorß (Georg), macha (machen), nu kanner (noch keiner), nä (nicht wahr) af des kummt's u", dagegen in Oberhochstatt häufiger „Fäder, Bluad, Gerdi, mocha, nu koana, ned, af dis kummt's u". Kaum merkliche Differenzen also, während die Unterschiede zu den östlichen Nachbardörfern beträchtlich werden.

Es wäre schade, wenn unsere mundartliche Ausdruckskraft einem schleichenden Dahinsiechen verfallen würde. Kenner und Liebhaber unserer überlieferten Redeweise staunen immer wieder, wie es Leuten mit einfachstem Wortschatz gelingt, selbst bei schwierigsten Problemen in kurzer, prägnanter Form die Sache auf den Punkt zu bringen und den Nagel auf den Kopf zu treffen. Ein hochdeutsch Sprechender müsste manchmal zwei Seiten Text verfassen, um alles das auszudrücken, was ein Einheimischer mit Unterstützung des Gesichtsausdrucks, der Betonung und der Gestik oft in einem einzigen kurzen Satz unterbringt. Und dann die herrliche Lautmalerei! Gemeint sind Wörter, die man deuten kann, wenn man sie zum ersten Mal hört, weil sie Bewegungen oder Geräusche bereits beinhalten: Schuggln / weggln / noddln / niffln bzw. sottern / pfopfern / bobbern / brotzln... Vergessen wir vor allem die treffenden Spottnamen, die deftig übertreibenden Vergleiche und die mit schwarzem Humor gewürzten Redensarten nicht, denen in den einzelnen Unterabteilungen gebührender Platz eingeräumt wird, wenngleich es unmöglich sein wird, alles aufzulisten, was der Erwähnung wert wäre.


Wikilinks

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sind Hunderte von typischen Mundartausdrücken zu finden, in denen viel Humor steckt.

Weblinks

Fußnoten

  1. MERTENS, Gottfried: Die heimische Mundart, in: Oberhochstatt - Niederhofen - Kehl 899 - 1999. Weißenburger Heimatbücher Band 6, Weißenburg 1999, S. 355