Familiennamen im Raum Weißenburg - Kapitel 9: Slawische Namen: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Wugwiki
Zur Navigation springenZur Suche springen
Zeile 1: Zeile 1:
  
9. Slawische Namen
+
'''''9. Slawische Namen'''''
  
 
So wie viele Tschechen und Polen deutsche Familiennamen haben, gibt es umgedreht auch viele slawische Namen bei den Deutschen, sie bilden die größte Gruppe nichtdeutscher Familiennamen unter den deutschen Muttersprachlern.
 
So wie viele Tschechen und Polen deutsche Familiennamen haben, gibt es umgedreht auch viele slawische Namen bei den Deutschen, sie bilden die größte Gruppe nichtdeutscher Familiennamen unter den deutschen Muttersprachlern.
  
Solche Namen slawischen Ursprungs sind z. B. Stanek, Stanisch und Stanka. Sie gehen auf den Rufnamen Stanislaus zurück. Nowak und Nowotny entsprechen unserem Namen Neumann. Dvořak heißt Bauer. Namen mit der Endung -owski sind meist →Herkunftsnamen, z. B. Koslowski (zum polnischen Ortsnamen Kozlow, entsprechend Kochansky), wurden gelegentlich aber auch zu →Rufnamen gebildet, (z. B. Fritzkowski, Lewandowski zum poln. Rufnamen Lewand). Das gilt auch für Namen mit der Endung -ski (Madeiski zu Matthäus, Michalski zu Michael, Wybieralski zum poln. Vornamen Wybierała …). Namen, die auf -ak und -ek (Kaczmarek = Wirt, Wetscherek zu tschech. večer,-a = Abend, -essen) sowie -ik (Cieslik = Zimmermann, Kucharzik = Koch, Küchenjunge) und -iak Cerniak (czerny = schwarz) enden, sind oft Berufsbezeichnungen oder von Adjektiven abgeleitet. -ek ist aber auch häufig eine Verkleinerungssilbe: Kurek (zu Hahn – als Zinsabgabe), Juranek (Sohn des Georg), Morczinek (zum poln. Rufnamen Morzyn) …
+
Solche Namen slawischen Ursprungs sind z. B. '''Stanek, Stanisch''' und '''Stanka'''. Sie gehen auf den Rufnamen Stanislaus zurück. '''Nowak''' und '''Nowotny''' entsprechen unserem Namen Neumann. '''Dvořak''' heißt Bauer. Namen mit der Endung ''-owski'' sind meist →Herkunftsnamen, z. B. '''Koslowski''' (zum polnischen Ortsnamen Kozlow, entsprechend Kochansky), wurden gelegentlich aber auch zu →Rufnamen gebildet, (z. B. Fritzkowski, '''Lewandowski''' zum poln. Rufnamen Lewand). Das gilt auch für Namen mit der Endung -''ski'' ('''Madeiski''' zu Matthäus, '''Michalski''' zu Michael, '''Wybieralski''' zum poln. Vornamen Wybierała …). Namen, die auf ''-ak'' und ''-ek'' ('''Kaczmare'''k = Wirt, '''Wetscherek''' zu tschech. večer,-a = Abend, -essen) sowie ''-ik'' ('''Cieslik''' = Zimmermann, '''Kucharzik''' ( = Koch, Küchenjunge) und ''-iak'' '''Cerniak''' (''czerny'' = schwarz) enden, sind oft Berufsbezeichnungen oder von Adjektiven abgeleitet. -ek ist aber auch häufig eine Verkleinerungssilbe: '''Kurek''' (zu Hahn – als Zinsabgabe), Juranek (Sohn des Georg), '''Morczinek''' (zum poln. Rufnamen Morzyn) …
  
Typisch slawische Endungen sind ferner: -a: Haja (mehrdeutig: 1. streicheln, 2. haj = Laubwald, 3. tschech. Personenname Haj, 4. zu dtsch. Heger = Aufseher), Prohaska (tschech. Spaziergang), Springalla (zu poln. zusammenkoppeln, verbinden), -(i)ka: Hanika (zu Johann), Lischka (= Fuchs), Ritzka (zu poln. Vornamen Rycz oder Ryċ), Spitschka (tsch. špička = Spitze)… Die ebenfalls häufige Endung -witz (Denkewitz (zum Vornamen Denis), Peterwitz oder Stefanowitz) entspricht dem germanischen Suffix -son bzw. -sohn und stellt Vatervornamen dar, serbokroatisch ist die Endung -vić, sie bedeutet ebenfalls Sohn des …, z. B. Ajanović, Cernjević … -itz und -witz sind aber auch vielbedeutende Namensendungen, z. B. nach Ortsnamen (in Brandenburg, Mecklenburg, Pommern, Schlesien, Sachsen oder Oberfranken: Redwitz, Gamnitzer u.v.a.) oder nach Eigenschaften des ersten Namenbesitzers.
+
Typisch slawische Endungen sind ferner: ''-a:'' '''Haja''' (mehrdeutig: 1. streicheln, 2. ''haj'' = Laubwald, 3. tschech. Personenname ''Haj'', 4. zu dtsch. Heger = Aufseher), '''Prohaska''' (tschech. Spaziergang), '''Springalla''' (zu poln. zusammenkoppeln, verbinden), ''-(i)ka'': '''Hanika''' (zu Johann), '''Lischka''' (= Fuchs), '''Ritzka''' (zu poln. Vornamen Rycz oder Ryċ), '''Spitschka''' (tsch. ''špička'' = Spitze)… Die ebenfalls häufige Endung ''-witz'' ('''Denkewitz''' (zum Vornamen Denis), '''Peterwitz''' oder '''Stefanowit'''z) entspricht dem germanischen Suffix ''-son'' bzw. ''-sohn'' und stellt Vatervornamen dar, serbokroatisch ist die Endung ''-vić'', sie bedeutet ebenfalls Sohn des …, z. B. '''Ajanović, Cernjević''' ''-itz'' und -witz sind aber auch vielbedeutende Namensendungen, z. B. nach Ortsnamen (in Brandenburg, Mecklenburg, Pommern, Schlesien, Sachsen oder Oberfranken: '''Redwitz, Gamnitzer''' u.v.a.) oder nach Eigenschaften des ersten Namenbesitzers.
  
 
Natürlich gibt es durch den Zuzug von ausländischen Arbeitnehmern und deren Familien ab den 1960er Jahren auch hier zahlreiche italienische, spanische, griechische und viele andere Namen von Personen aus EU-Ländern, aber zahlenmäßig fallen sie (noch) nicht ins Gewicht. – Die Mehrzahl der Menschen mit türkischen oder arabischen Wurzeln hat (noch) keinen deutschen Pass.
 
Natürlich gibt es durch den Zuzug von ausländischen Arbeitnehmern und deren Familien ab den 1960er Jahren auch hier zahlreiche italienische, spanische, griechische und viele andere Namen von Personen aus EU-Ländern, aber zahlenmäßig fallen sie (noch) nicht ins Gewicht. – Die Mehrzahl der Menschen mit türkischen oder arabischen Wurzeln hat (noch) keinen deutschen Pass.
Zeile 16: Zeile 16:
 
In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass im Internet unter „verwandt.de“ kostenlos auf einer Deutschlandkarte eingesehen werden kann, wie oft und in welcher Gegend der jeweilige Familienname verbreitet ist.
 
In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass im Internet unter „verwandt.de“ kostenlos auf einer Deutschlandkarte eingesehen werden kann, wie oft und in welcher Gegend der jeweilige Familienname verbreitet ist.
  
Literatur zu den Familiennamen:
+
 
 +
'''Literatur zu den Familiennamen:'''
  
 
Bach, Adolf: Deutsche Namenkunde 1, Die deutschen Personennamen, 3. Auflage Heidelberg 1978
 
Bach, Adolf: Deutsche Namenkunde 1, Die deutschen Personennamen, 3. Auflage Heidelberg 1978

Version vom 2. Februar 2017, 17:23 Uhr

9. Slawische Namen

So wie viele Tschechen und Polen deutsche Familiennamen haben, gibt es umgedreht auch viele slawische Namen bei den Deutschen, sie bilden die größte Gruppe nichtdeutscher Familiennamen unter den deutschen Muttersprachlern.

Solche Namen slawischen Ursprungs sind z. B. Stanek, Stanisch und Stanka. Sie gehen auf den Rufnamen Stanislaus zurück. Nowak und Nowotny entsprechen unserem Namen Neumann. Dvořak heißt Bauer. Namen mit der Endung -owski sind meist →Herkunftsnamen, z. B. Koslowski (zum polnischen Ortsnamen Kozlow, entsprechend Kochansky), wurden gelegentlich aber auch zu →Rufnamen gebildet, (z. B. Fritzkowski, Lewandowski zum poln. Rufnamen Lewand). Das gilt auch für Namen mit der Endung -ski (Madeiski zu Matthäus, Michalski zu Michael, Wybieralski zum poln. Vornamen Wybierała …). Namen, die auf -ak und -ek (Kaczmarek = Wirt, Wetscherek zu tschech. večer,-a = Abend, -essen) sowie -ik (Cieslik = Zimmermann, Kucharzik ( = Koch, Küchenjunge) und -iak Cerniak (czerny = schwarz) enden, sind oft Berufsbezeichnungen oder von Adjektiven abgeleitet. -ek ist aber auch häufig eine Verkleinerungssilbe: Kurek (zu Hahn – als Zinsabgabe), Juranek (Sohn des Georg), Morczinek (zum poln. Rufnamen Morzyn) …

Typisch slawische Endungen sind ferner: -a: Haja (mehrdeutig: 1. streicheln, 2. haj = Laubwald, 3. tschech. Personenname Haj, 4. zu dtsch. Heger = Aufseher), Prohaska (tschech. Spaziergang), Springalla (zu poln. zusammenkoppeln, verbinden), -(i)ka: Hanika (zu Johann), Lischka (= Fuchs), Ritzka (zu poln. Vornamen Rycz oder Ryċ), Spitschka (tsch. špička = Spitze)… Die ebenfalls häufige Endung -witz (Denkewitz (zum Vornamen Denis), Peterwitz oder Stefanowitz) entspricht dem germanischen Suffix -son bzw. -sohn und stellt Vatervornamen dar, serbokroatisch ist die Endung -vić, sie bedeutet ebenfalls Sohn des …, z. B. Ajanović, Cernjević-itz und -witz sind aber auch vielbedeutende Namensendungen, z. B. nach Ortsnamen (in Brandenburg, Mecklenburg, Pommern, Schlesien, Sachsen oder Oberfranken: Redwitz, Gamnitzer u.v.a.) oder nach Eigenschaften des ersten Namenbesitzers.

Natürlich gibt es durch den Zuzug von ausländischen Arbeitnehmern und deren Familien ab den 1960er Jahren auch hier zahlreiche italienische, spanische, griechische und viele andere Namen von Personen aus EU-Ländern, aber zahlenmäßig fallen sie (noch) nicht ins Gewicht. – Die Mehrzahl der Menschen mit türkischen oder arabischen Wurzeln hat (noch) keinen deutschen Pass.

Wertvolle Hinweise auf die Bedeutung von slawischen und anderen Familiennamen findet man u. a. unter www. Die Bedeutung von Suffixen (Nachsilben) in den Familiennamen, Tschechische Familiennamen – Lexikon und Polnischer Name – Wikipedia.

Abschließend lässt sich feststellen, Namenkunde ist ein spannendes Feld, das noch lange beackert werden kann, immer wieder neue Erkenntnisse liefert, nicht nur bei den Personennamen, sondern auch bei den Orts-, Flur-, Gewässer- oder Straßennamen.

In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass im Internet unter „verwandt.de“ kostenlos auf einer Deutschlandkarte eingesehen werden kann, wie oft und in welcher Gegend der jeweilige Familienname verbreitet ist.


Literatur zu den Familiennamen:

Bach, Adolf: Deutsche Namenkunde 1, Die deutschen Personennamen, 3. Auflage Heidelberg 1978

Bahlow, Hans: Deutsches Namenlexikon, Frankfurt am Main 1972

Brechenmacher, J. Karlmann: Etymologisches Wörterbuch der Deutschen Familiennamen, Limburg a. d. Lahn 1960

Gottschald, Max: Deutsche Namenkunde. Unsere Familiennamen, 5. Auflage Berlin, New York, 1982

Kohlheim, Rosa und Volker : Duden - Familiennamen, Herkunft und Bedeutung, Mannheim u.a.O. 2000

Naumann, Horst: Das große Buch der Familiennamen, Wiesbaden o. J.

Rymut, Kazimierz und Hoffmann, Johannes: Lexikon der Familiennamen polnischer Herkunft im Ruhrgebiet, Krakau 2010