Benutzer:Ubeier

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über mich

Jahrgang 1941, in Weißenburg seit 1971; verheiratet, zwei Söhne, vier Enkel

im Ruhestand, vorher Studienrat an der Realschule Weißenburg


bereits bearbeitete Themen

Altmühl, Brombachsee, Igelsbachsee, Hahnenkammsee, Schwäbische Rezat, J.Lidl, Fr. Liebl, Dr. Otto "Leo", Fleppa, E.Model, Ergänzung Dettenheim u. R. Nebel, Friedrich-Ebert-Str., J.Schieder, G.Demel, Anlauter, 5 Artikel v.H. Spitschka, Rennweg, SL WUG, Wohnstättennamen, Wülzbg.-Gedenkst., Heimatbücherverz., Bahnhofstr., Karl IV., Landschaftsbild, 4 Artikel Mundart (Mertens), 3 Artikel über die Schambach, HNavratil, StHedwigMB, Erzgeb.stub. GUN, OBSchwirzer, Hist. Stammtisch (40), Exulantennamen, WUG-SEB, OStiepak, RainMesserer, Bombard. Wßbg., 5 Zeitzeugenberichte (50), Papp.Ehrenbg., Ergänzg. Wßbg.Bgm., AlBinkert, JohMertens, TreuchtlMöhrenb., EBW, StrN m. Bez. zu Vertreibg., Schulzentrum, Stichvillapark, E.-Schulhoff-Str. (60), Einwohnerzahlen aktualisiert ab 1960, Patensch., 2x RSWUG, AHochmuth, MWenz, Wßbg. FlN 1-4 (70), RJoppien, JZörkler, Gesch. Bez. WUG-Sudeten, 3x Europ. Hauptwasserscheide, 3x Name Wßbg. eur. Vgl., MRaab (80), JMang, FEigler, WBlendinger, Namensvett. Bergen, Ellingen, 2 Nennsl. Kirchen, Treuchtlg.-Mahnm., Wehrkirch., JosReinfuss (90), Stadtmauer 19.Jh., Stadtm. 1950-2014, HSturm, HMeier, WLangenf., FrSchäfer, Neudf., Stadtweiher, BBuff, Muhr-St. Walbg. (100), Stadelh., -Namensv., Markh., Seeweiherm., Spitalk., Kirchenbaut.(3), Ergänz. AmHof, Silberm. (110), Galgenb.4x, Nachtm., Mesnerh., Brbg.Hof, Zehenth., Ludw.hö., H.Kaad. (120), RegKryw.,

Beispiel: Fotoanordnung

Lubber

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Die ehemalige Gaststätte im März 2015

Der Name der Ludwigshöhe ist allen Weißenburgern bekannt und den meisten auch die mundartliche Form "Lubber" für die ehemalige Gaststätte. 1838 wird erstmals ein "auf der ... Schönau gelegener Sommerkeller, Ludwigshöhe genannt."[1] In einem Sommerkeller wurde das Bier mithilfe von Eis, das im Winter in Weihern gebrochen wurde, kühl gelagert, als es noch keine elektrische Kühlung gab. 1844 erhielt Adam Preu die Schankerlaubnis "in seinem bewohnten Sommerkellerhause auf der Ludwigshöhe." [2] Der Sommerkeller wurde vermutlich zu Ehren Ludwigs I., der von 1825-1848 König von Bayern war, benannt. Weißenburg wurde zwar erst 1806 bayerisch, aber dieser König war auch bei den neubayerischen Bürgern sehr beliebt. Allerdings ist es genauso möglich, dass der Name Ludwigshöhe nur eine Verkürzung aus Ludwigs-wald-höhe ist. Denn der darüber liegende von Kaiser Ludwig dem Baiern an die Stadt Weißenburg 1338 geschenkte Wald (nachdem er die Stadt vorher verpfändet hatte) heißt Ludwigswald.

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Blick von der Ludwigshöhe auf die Altstadt mit Spitalturm, Andreaskirchturm und Zentralschule

Der Aufgang zum Bergwaldtheater befindet sich bei der derzeit nicht bewirtschafteten Gaststätte. Sie wurde namengebend für das Gelände der oberen Schönau, das ab 1969 bebaut wurde. Heftige Debatten im Stadtrat und der Bevölkerung begleiteten die Errichtung der Hochhäuser an diesem Hang. Die linke Querstraße der Holzgasse oberhalb des AWO-Altenheimes erhielt 1969 den Namen An der Ludwigshöhe. Dieser Name ist inzwischen für die gesamte obere Schönau gebräuchlich.

Villa Ludwigshöhe bei Edenkoben / Pfalz

Bei der Villa Schloss Ludwigshöhe aus dem 19. Jahrhundert bei Edenkoben, Kreis Landau in der Pfalz, ist mit Sicherheit der bayerische König Ludwig I., namengend. Er war u. a. auch ein großer Förderer der Künste und hat sich da am Rande der Pfälzer Haardt dieses Schlösschen im klassizistischen Stil erbauen lassen. Von 1852 bis 1866 verbrachte er dort alle zwei Jahre mit seiner Familie die Sommermonate Juli und August. Damals gehörte die Pfalz noch zu Bayern. Bekannter wurden die Walhalla bei Regensburg und die Befreiungshalle bei Kelheim, die derselbe König in Auftrag gegeben hat. Auch der Rheinhafen gegenüber von Mannheim wurde auf seine Anregung angelegt und trägt ihm zu Ehren den Namen Ludwigshafen. Die Erzeugnisse der chemischen Industrie aus dieser Stadt haben Weltruhm.

Darüber hinaus erscheint der Name Ludwigshöhe noch siebenmal in Deutschland, und zwar von Schleswig-Holstein und Mecklenburg über das Rheinland und Hessen bis ins württembergische Allgäu. In Rückersdorf im Nürnberger Land heißt eine Regionalbahnhaltestelle links der Pegnitz Ludwigshöhe, in München ein Stadtteil Prinz-Ludwigs-Höhe nach dem letzten bayerischen König Ludwig III. Zweimal ist schließlich der Name Ludwigshöhe in Polen zu finden, jeweils als Ortsteil von kleineren Städten in der Gegend von Posen; die Polen nennen es Ludwikowo. Luwigshöh ist der Name einer nach der Vertreibung der Deutschen nach dem 2. Weltkrieg wüst gefallenen Siedlung in Pommern, etwa 90 km nordöstlich von Stettin. Allerdings waren es überall andere Herrscher, die namengebend wurden. Darüber hinaus heißen auch einige Berge Ludwigshöhe, z. B. bei Freiburg i. Br. oder im Schweizer Kanton Wallis.

Quellen:

BEIER, Ulf: Von der Höll- zur Paradeisgasse, Straßen- und Wohnstättennamen in Weißenburg, 2. Auflage, Weißenburg 2000, S. 33

drs.: Die schöne Schönau, in : Weißenburger Tagblatt vom 26. Januar 2015

Fußnoten

  1. Weißenburger Nachrichtenblatt von 1838, Seite 103
  2. Weißenburger Heimatblätter 1939, 185 ff















RKry

Regine Krywult, geboren als Freiin von Ketelhodt am 2. September 1924 auf Gut Sossnow in Westpreußen ist ein Beispiel für Frauen mit viel persönlichem Einsatz im sozialen Bereich.

Regine und Werner Krywult 1996


Leben und Wirken

Regine Krywult ist die vierte Tochter von sechs Kindern der Familie Freiherrren von Ketelhodt, die bis 1945 auf Gut Sossnow, Kreis Zempelburg in Westpreußen lebte und früh den Umgang mit Pferden lernte. Sie ist eine ausgebildete Krankenschwester und war seit 1952 verheiratet mit Werner Krywult bis zu dessen Tod 2001. Ihr Mann wurde 1923 in Breslau in Schlesien geboren, durchlief eine kaufmännische Lehre und musste nach einer zweijährigen Wehrmachts- ausbildung in den 2. Weltkrieg ziehen. Im Russlandfeldzug wurden ihm durch einen Granatsplitter die Lendenwirbel zerfetzt, und er wurde nach einer langen Irrfahrt x-mal in verschiedene Lazarette verlegt, von überforderten Notärzten unsachgemäß behandelt und blieb schließlich querschnittsgelähmt. Im Lazarett Malente in Holstein lernte er 1946 Regine Baronesse von Ketelhodt als Rot-Kreuz-Schwesternhelferin kennen, die ihn dort liebevoll betreute. Sie hatte selbst eine abenteuerliche und gefährliche Flucht vor der sowjetischen Armee von Januar 1945 bis Sommer 1945 vom Reservelazarett in Bromberg a. d. Weichsel nach Malente hinter sich. Der Kriegsinvalide Werner Krywult war aber wegen seiner steifen gestreckten Beine auf einen Spezialrollstuhl angewiesen.

Regine Freiin von Ketelhodt fand ihre Eltern nach deren Vertreibung (Gut Sossnow verbrannte) in Schleswig-Holstein wieder. Sie machte eine dreijährige Ausbildung als Krankenschwester und wollte Werner Krywult heiraten. Nach einem Bedenkjahr als Haustochter in der Schweiz heiratete sie - gegen die Widerstände der Familie, der Ärzte und sogar des Pfarrers - 1952 Werner Krywult, der nicht mehr in seine Heimat zurück konnte. Er fand seine Eltern nach deren Vertreibung aus Schlesien in Pfraunfeld wieder.

Als überzeugter Sozialdemokrat war Werner Krywult in der SPD aktiv und u. a. mit Heinrich Stöhr eng befreundet, der ihm auch zu Krediten und Zuschüssen zum Hausbau verhalf.

In der Galgenbergstraße 44 (gegenüber dem heutigen Philipp-Melanchthon-Haus) konnte sich das Ehepaar ein Siedlerhaus als Doppelhaushälfte errichten lassen und betrieb dort von 1956 bis 1994 eine Toto-Lotto-Annahmestelle, wodurch Werner Krywult sehr bekannt wurde. Später führte eine Tochter das Geschäft bis zu seinem Tode weiter.

Der Ehe entstammen zwei Töchter: Beatrice und Renate, von denen Regine Krywult vier Enkel hat. Sie war von Jugend an eine begeisterte Reiterin, brachte sich in der PSG Elllingen ein, wo sie anfänglich auch Reitstunden gab, und ist heute noch eine leidenschaftliche Bridgespielerin.


Ehrung und Würdigung

Medaille des Bundesverdienstkreuzes der Bundesrepublik Deutschland am 18.04.1974 als "Auszeichnung für die hervorragende menschliche Leistung, die Frau Krywult, deren Mann ein Schwerkriegsversehrter des Zweiten Weltkriegs ist, vollbracht hat. Es ist dies eine Leistung, die in der von ihr als Selbstverständlichkeit betrachteten Weise lag, mit ihrem Mann Härten des Schicksals zu überwinden und ihn zur Lebensfreude und Erfüllung zurückzuführen."

Regine Krywult, die fast 50 Jahre ihren Mann pflegte und dabei viele Anstrengungen und Entbehrungen auf sich nahm, steht stellvertretend für Millionen Frauen, die oft im Verborgenen täglich behinderten oder benachteiligten Menschen aufopferungsvoll helfen und zur Seite stehen.


Quellen

Hinweise und Anmerkungen von Bruno Buff, Ellingen, März 2015

Gespräch von Regine Krywult mit Ulf Beier, Weißenburg, März 2015

Kl Wßer Baustk.

„Haus Kaaden“ - Ankunft und Integration der Heimatvertriebenen in Weißenburg“

Kaaden, Rathaus mit Dreifaltigkeitssäule

1955 übernahm die Stadt Weißenburg die Patenschaft über die Stadt Kaaden an der Eger (östlich von Karlsbad im Sudetenland gelegen) und später über den gesamten Bezirk Kaaden-Duppau, denn nach dem 2. Weltkrieg kamen besonders viele Heimatvertriebene aus dieser Gegend in den Raum Weißenburg. Die Einwohnerzahl stieg sprunghaft von 8.760 im Jahre 1939 auf 13.807 im Jahr 1950 – eine Steigerung um 57,6%, die meisten Neubürger waren Flüchtlinge und Vertriebene. Ähnlich war die Lage im Landkreis. So wurde das gesellschaftliche, wirtschaftliche, kulturelle und politische Leben auch von dieser Bevölkerungsgruppe ganz entscheidend mitgeprägt und wird es zum Teil auch heute noch.

Nur 50 kg Gepäck war den Sudetendeutschen bei der Vertreibung 1946 gestattet.

Zunächst entstand aus bescheidenen Anfängen heraus 1962 ein erster Ausstellungsraum. 1975 konnte das Dachgeschoss des heutigen CVJM-Gebäudes in der Unteren Stadtmühlgasse die „Kaadener Heimatstuben“ aufnehmen, wo schon deutlich mehr Platz zur Verfügung stand. Die Sammlung wurde ehrenamtlich betreut und war nur gelegentlich für Besucher geöffnet. Nach der Wende 1989/90 kamen auch Gäste aus dem heute tschechischen Kadaň, um im Archiv dieser Heimatstuben nach Dokumenten aus der Zeit zu suchen, als die Stadt noch rein deutsch besiedelt war. Aber die ehrenamtliche Betreuung wurde zunehmend schwieriger. Dem damaligen Oberbürgermeister Reinhard Schwirzer ist es zu verdanken, dass er es ermöglichte, einen Großteil des Bestandes der „Kaadener Heimatstuben“ in ein neu eingerichtetes Museum zu überführen, das auch einen weiter gespannten Rahmen umfasst und nach dem wissenschaftlichen Konzept der Universität Eichstätt aufgebaut ist.

So konnte anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Patenschaft der Stadt Weißenburg in Bayern über Kaaden an der Eger im August 2005 das neue Museum eröffnet werden. Es liegt im 1. Stock des Städtischen Amtes für Kultur und Touristik in der Pfarrgasse 4. Das Gebäude heißt offiziell „Haus Kaaden“ und das Museum ist damit während der normalen Bürozeiten für Besucher geöffnet. Es ist dem „Reichsstadtmuseum“ zugeordnet und kann auf Wunsch auch samstags und sonntags besucht werden, weil dieses ebenso wie das “Limesinformationszentrum“ unmittelbar daneben liegt. Somit ist eine personalsparende Lösung gefunden.

Das Gesamtkonzept des „Hauses Kaaden“ behandelt schwerpunktmäßig die Zeit nach 1945 und wie es zu Flucht von Vertreibung der 14 Millionen Deutschen als Folge des 2. Weltkrieges kam. Einstieg ist ein geschichtlicher Überblick, der mit der mittelalterlichen Ostsiedlung beginnt, kurz die Geschichte dieses Raumes aufzeigt und sie durch Landkarten verdeutlicht.

Als ein weiterer Schwerpunkt ist die Geschichte der Stadt Kaaden bis 1945 dargestellt. Große Ölgemälde zum einen und eine Kreiskarte mit Fotos aus allen Dörfern des Bezirks Kaaden-Duppau vermitteln einen Eindruck von der Landschaft und ihren Siedlungen. Zum anderen werden das Schicksal ihrer Menschen, die Wirtschaft und die kulturellen Leistungen anhand zahlreicher Ausstellungsstücke vergegenwärtigt, wobei moderne Museumskonzeption zum Tragen kommt. Neben Vitrinen verwendet man mobile Schaukästen und Schübe mit Textilien oder Zeitdokumenten.

Die Kaadner Handschuhmacherei war ein wichtiger Wirtschaftszweig

Man findet keine überladene Heimatstube mit verstaubten Erinnerungsstücken, sondern beispielhafte Exponate, die typisch für den Raum Kaaden waren, w. z. B. im Bereich Wirtschaft die Porzellanindustrie, die Handschuhmacherei oder die Farbenherstellung.

In einem anderen Raum werden die politischen Ereignisse der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts geschildert, z. B. die Demonstrationen am 4. März 1919 für das Selbstbestimmungsrecht der Deutschen in der neu gegründeten Tschechoslowakei und das blutige Ende mit 26 Toten am Kaadener Marktplatz oder der Abtransport der Deutschen 1946 in Viehwaggons mit je 1.200 Personen in die amerikanische oder sowjetische Besatzungszone. Das Leid kann man nur erahnen, wenn man die vielen Kinder und alten Leute sieht.

Breiten Raum nimmt die Ankunft und Integration der Heimatvertriebenen in Weißenburg ein, wie ja auch der Titel der Gesamtausstellung schon hervorhebt. Ein Handleiterwagen oder eine Truhe, in der die verbliebenen Habseligkeiten verstaut waren, oder ein winziger Ofen für eine sechsköpfige Familie zeigen den mühseligen Anfang bei null.

Die Kaadener Madonna mit dem abgesägten Kopf

Eine Stärke der Ausstellungskonzeption liegt darin, dass zu einzelnen Exponaten deren Geschichte wiedergegeben wird, z. B. die abenteuerliche Irrfahrt einer Madonna aus der Kaadener Hauptkirche:

1962 bekamen ehemalige Kaadener bei einem Besuch in ihrer alten Heimatstadt im Gespräch mit dem tschechischen Dekan der Pfarrgemeinde mit, dass aus finanziellen Gründen einige Wertgegenstände verkauft werden müssten, so auch eine Marienfigur, an die die Besucher liebe Erinnerungen knüpften und die für sie ein Stück Heimat bedeutete. Die Statue wurde daraufhin für 2000 Kronen erworben. An der Grenze beschlagnahmten jedoch die Behörden die Madonna. Nach längerem Papierkrieg wurde die Ausfuhr 1971 schließlich genehmigt, vorher wurde der Figur aber der Kopf abgesägt, weil man Schmuggelware in ihrem Inneren vermutete. Ein Akt, der den Käufern in der Seele wehtat. Als sich dieser Verdacht nicht bestätigte, konnte die Muttergottes endlich ihre Reise in die Bundesrepublik Deutschland antreten und landete zunächst im Sauerland, dann in Wiesbaden, danach in Nordhessen und schließlich in Weißenburg.

Die Abteilung „Die Zeit nach 1945“ ist in verschiedene Teilbereiche gegliedert. Zunächst wird das „Flüchtlingslager Wülzburg“ geschildert. Oberhalb Weißenburgs befindet sich eine Festung aus dem 16. Jahrhundert, die Wülzburg, die während des 1. und 2. Weltkrieges als Gefangenenlager diente und ab 1945 mit Flüchtlingen und Heimatvertriebenen belegt wurde. Bis zu 1000 Menschen waren hier auf engstem Raum untergebracht – mit sämtlichen hygienischen Mängeln – , ehe sie auf die umliegenden Dörfer verteilt wurden oder auch jahrelang dort verblieben. Diese Festung war jedoch ein Grund, warum Weißenburg überdurchschnittlich viele Vertriebene aufnahm. Eine große Landkarte zeigt auf, woher wie viele Menschen nach dem Zweiten Weltkrieg nach Weißenburg kamen.

Im nächsten Teilbereich „Wirtschaft und Politik“ findet man auf einmal einen arabischen Mantel „Abaya“ mit folgender Geschichte: Die Firma Textilverarbeitung GmbH – eine Neugründung eines Egerländers in Weißenburg – wurde mit einem Auftrag versehen, 20.000 arabische Mäntel zu nähen. Der Stoff kam aus England, die Goldborten von einer Weißenburger Fabrik für leonische Erzeugnisse. Aufgrund der einwandfreien Lieferung erhöhte sich der Auftrag auf 70.000 Mäntel, die zu dem vertraglichen Preis von 3,54 DM netto genäht werden mussten. Da der Kunde zufrieden war, war die Weißenburger Firma zwei Jahre mit dem Auftrag beschäftigt. (Der Sohn hat die Firma jedoch nicht übernommen. Sie wurde geschlossen, da durch die Krise in der deutschen Textil- und Bekleidungsindustrie dieser Betrieb langfristig keine Überlebenschance gehabt hätte.) So werden Exponate auf einmal lebendig.

In der Abteilung „Kirche, Familie, Kultur“ wird darauf aufmerksam gemacht, dass durch die vielen katholischen Sudetendeutschen und Oberschlesier in der traditionell evangelischen fränkischen Reichsstadt eine neue katholische Kirche notwendig wurde und die Schulhäuser hinten und vorne nicht mehr ausreichten. Andererseits wird aber auch verdeutlicht, dass durch die Aufnahme und Integration der Heimatvertriebenen das kulturelle Leben hier wesentlich bereichert wurde und dass bedeutende Persönlichkeiten der Bereiche Musik, Literatur, Malerei, Bildhauerei usw., die hier wirkten und wirken, aus den Vertreibungsgebieten stammen bzw. dort ihre Wurzeln haben.

Auswahl von Weißenburger Straßennamen, die auf die Integration der Heimatvertriebenen hinweisen

Der Teilbereich „Wohnung, Arbeit, Erinnerung“ zeigt, dass große Wohngebiete der Stadt erst nach dem 2. Weltkrieg entstanden sind und einen hohen Prozentsatz an Heimatvertriebenen aufweisen. Das wird auch durch Straßennamen wie Egerlandstraße, Schlesische Straße, Eichendorffstraße oder Adalbert-Stifter-Straße dokumentiert. Es sind dies in Weißenburg und seinen Ortsteilen 13 Straßennamen.

Unmittelbarkeit wird aber auch dadurch zu erreichen versucht, indem man in den Ausstellungsräumen unter anderem eine Audiostation findet, in der über Kopfhörer durch Knopfdruck Volkslieder und deutsche Mundarten aus Ost- und Südosteuropa abgehört werden können. Ein Computerterminal ermöglicht sowohl zahlreiche Texte und Bilder abzurufen als auch Zeitzeugen im Film nachzuerleben. Beide Stationen sprechen nicht nur junge Besucher an. So ist eine nach modernsten Gesichtspunkten und den Grundsätzen heutiger Museumspädagogik eingerichtete Abteilung als historischer Lernort und kultureller Gedächtnisort entstanden – weit ab von einem nostalgischen Heimatmuseum.

Im zweiten Stock des Gebäudes befindet sich zudem eine Bibliothek mit einschlägiger Literatur. Außerdem sind die nicht ausgestellten Objekte der ehemaligen Heimatstuben in einem Archivraum gelagert und können ggf. für Sonderausstellungen verwendet werden.

Vor dem Eingang steht eine Plastik des tschechischen Bildhauers Herbert Kisza, der in Kaaden lebt und die sich „Aus der Vergangenheit in die Zukunft“ nennt. Sie wurde 2006 für diesen Standort geschaffen und symbolisiert das inzwischen in vielen Bereichen entkrampfte Verhältnis zwischen Deutschen und Tschechen und gibt – trotz der schmerzlichen binationalen Erfahrungen – Hoffnung auf ein besseres Verstehen. Dieses offenbart sich ohnehin beim deutsch-tschechischen Schüleraustausch zwischen Weißenburger Gymnasiasten und Kaadener Schülern.

Das „Haus Kaaden“ in Weißenburg, Pfarrgasse 4, ist geöffnet Montag bis Freitag von 8:30 - 12.00 Uhr und Montag bis Donnerstag außerdem von 14 - 16 Uhr.

Quelle:

BEIER, Ulf: Eine empfehlenswerte Museumskonzeption – das „Haus Kaaden“ in Weißenburg - Ankunft und Integration der Heimatvertriebenen in Weißenburg“ in: Bayernspiegel, Zeitschrift der Bayerischen Einigung und Bayerischen Volksstiftung, Heft 1/2015

Kl Baust.k.

Mittelalter und frühe Neuzeit

Vor 1200

Romanik: die drei unteren Geschosse des Nordturms der St.-Anreas-Kirche mit dem Rundbogenfries unterhalb der Gesimse

13./14. Jahrhundert

Hochgotik: hohe Spitzbogenfenster, aber trotzdem noch viel Mauerwerk: Langhaus der St.-Andreas-Kirche (1327)(Obergaden aber erst 1891/92); Chor der Karmeliterkirche (nach 1325); Gasthaus zum Stern (1314/15) mit dem typischen Treppengiebel, vermutl. ältestes Bürgerhaus Weißenburgs; Torturm des Ellinger Tores (ohne oberstes Geschoss und Turmhaube von 1662)

1400 - 1499

Spätgotik: sehr hohe Spitzbogenfenster, wenig Mauerwerk dazwischen, Kreuzrippengewölbe: Chor der St.-Andreaskirche; Gotisches Rathaus mit steilem Satteldach und Fialen (Ziertürmchen) am verzierten Ostgiebel (1470-76)

1500 - 1599

Schmuck des Vorwerks des Ellinger Tores (um 1510) mit dem großen mittleren spätgotischen Wappen (Reichsadler), dem spätgotischen Maßwerk und dem Renaissanceschmuck darüber und an den Vorwerkspfeilern

1600 - 1699

Spätrenaissance: Bürgerhäuser mit Volutengiebel mit Geschosssimsen, Friedrich-Ebert-Str. 5 und 7 (Schmuckgeschäft und Metzgerei)

1700 - 1799

Spätbarock: Bürgerhaus mit Mansarddach, Schweifgiebel und Vortreppe (1782/85): ehem. Gasthaus Goldenes Lamm, Luitpoldstr. 14 (Buchhandlung und Fotogeschäft); äußerst repräsentatives dreigeschossiges Bürgerhaus mit geschweiften Blendgiebeln (1764/65), Rosenstraße 1, als "Blaues Haus" bekannt, heute u. a. Einhorn- Apotheke

19. Jahrhundert

1800 - 1824

1825 - 1849

1850 - 1874

Historismus: Spätklassizismus: ehem. Dörfler-Villa (1872), Schulhausstr. 10 und ebenso die zweigeschossige Villa mit Balkon (1879/84), Südliche Ringstraße 12

1875 - 1899

Historismus: Neurenaissance: zweigeschossige Villa Raab (1880), Südliche Ringstr. 10


20. Jahrhundert

1900 - 1909

Neugotisch überformte Fassade von 1900 des Wohn- und Geschäftshauses Rosenstr. 2 (im Kern von 1470); Zentralschulhaus (1907/07) mit Jugendstilelementen an den Hoftoren und Heimatstil mit den rundbogigen Fassadenfeldern im Erdgeschoss.

1910 - 1919

1920 - 1929

Häuser in der Niederhofner Straße: Keller aus Jurakalk, außen als sichtmauerwerk, fast quadratischer Grundriss bei dne Villen, keine Balkone, ursprünglich Kreuzfenster mit Fensterläden (wie heute noch bei Hs.-Nr. 45), hohes Walmdach

Städtisches Forstamt (1927)

1930 - 1939

Galgenbergsiedlung: spitzgiebelige eingeschossige Siedlungsdoppelhäuser mit ausgebautem Dachgechoss; heute allerdings alle erweitert, aufgestockt oder umgebaut

1940 - 1949

Galgenbergsiedlung wie in den 1930er Jahren

1950 - 1959

Wohnblöcke in der Geh.-Dr.-Dörfler-Str.: farbige Fresken an den Westseiten, Kreuzfenster, keine Balkone

1960 - 1969

Hochhäuser in der Rothenburger Str. und Kaadener Str.: Flachdach, große Fesnterscheiben

1970 - 1979

schmuckloses Äußeres, "Betonarchitektur": Werner-von-Siemens-Gymansium (2 Hauptbauabschnitte ab 1972); Sichtmauerwerk mit roten Backsteinen: Förderschule der "Lebenshilfe", Römerbrunnenweg 18

1980 - 1989

1990 - 1999

Wohnblöcke in der Geh.-Dr-Dörfler-Str. 26 u. 28 Fenster, Erker?

21. Jahrhundert

2000 - 2009

nach 2010

Mittelschule am Seeweiher (2015), schlitzförmige Fenster


Fachwerkbauten

Man unterscheidet die rein funktionale Bauweise von der Schmuckfassade. In Weißenburg ist bei den Wohnhäusern das Erdgeschoss gemauert, die Obergeschosse bzw. der Giebel aus Fachwerk. Scheunen sind meist auch im unteren Geschoss aus Fachwerk.

Im Gegensatz zum Steinhaus hat sich die Architektur des funktionalen Fachwerks über die Jahrhunderte praktisch nicht verändert. Lediglich an den Ornamenten der Schmuckfassade eines Fachwerkhauses lassen sich modische Unterschiede feststellen. Allerdings gibt es z. T. erhebliche landschaftliche Unterschiede. Die Weißenburger Gegend gehört zum sog. mitteldeutschen oder fränkischen Raum, der vom Elsass über die Pfalz, Hessen, Thüringen, Sachsen und Schlesien reicht und zu dem auch das ehemals deutsch besiedelte Sudetenland (heute Teil der Tschechischen Republik)zu zählen ist. Das niederdeutsche Fachwerkhaus reicht von den Niederlanden bis Ostpreußen (heute Teil von Russland). In Oberschwaben, Südbayern und Österreich ist das Fachwerkhaus nur sehr selten zu finden, in der Schweiz gelegentlich.

Eines der ältesten Weißenburger Fachwerkhäuser (um 1446) steht in der Huttergasse 13. Das kleine Eckhaus ist ein gotisches Ständerhaus und wurde 1984-87 mustergültig saniert.

Das stattliche Fachwerkhaus in der Industriestr. 1, Ecke Augsburger Straße, ist das ehem. Siechhaus mit der damaligen Kapelle "Zu unserer lieben Frauen". Das Gebäude wurde nach Schäden im 30-jährigen Krieg 1691 neu errichtet. Die Schmuckelemente der Fassade zeigen Formen des Barock.


Quellen:

BEIER, Ulf: Von der Höll- zur Paradeisgasse, Straßen- und Wohnstättennamen in Weißenburg, 2. Auflage, Weißenburg 2000, S. 33

KIESSLING, Gotthard: Denkmäler in Bayern, Band V.70/2 Stadt Weißenburg i. Bay., München 2001, ISBN 3-87490-582-9

Fußnoten